Nachhaltiger ausstellen

Miriam Szwast

Nachhaltiger ausstellen. Stichpunkte aus der Praxis

Artensterben und Klimakrise mit all ihren schon heute spürbaren Folgen alarmieren auch uns am Museum Ludwig. Im Team Nachhaltigkeit tun wir uns seit einigen Jahren zusammen, um gemeinsam zu lernen, Ideen zu entwickeln und betriebsökologische Maßnahmen umzusetzen. Momente des Tatendrangs, der Euphorie und Erkenntnis wechseln sich ab mit Momenten der Frustration und Überwältigung. Denn was wir erreichen wollen – die Klimaneutralität, das Schaffen von Lebensraum für Flora und Fauna, wo das Museum Bodenfläche versiegelt, der achtsame Umgang mit Ressourcen, auch unseren persönlichen – bedeutet, unsere gewohnten Prozesse zu reflektieren, uns vorzutasten, ohne dass der Weg vorgezeichnet wäre.[1] Doch wollen wir »change by design, not by (further) disaster« müssen wir Dinge verlernen, dürfen Dinge neu lernen und vor allem Dinge ausprobieren, um herauszufinden, was hilft. Was hilft, messbar weniger CO2 zu emittieren, Energie zu verbrauchen, uns zu dekarbonisieren? Wie steigern wir die Biodiversität? Und wie schaffen wir es, diese Ziele zu erreichen, als Museum weiterhin relevante Ausstellungen einzurichten und dabei möglichst gesund, ja, zuversichtlich zu sein, mehr Freude als Angst angesichts der Veränderung zu empfinden?

Nachhaltig handeln bedeutet, in Generationen zu denken, und das auf vielen Ebenen. Um den Klimawandel und die Ungleichheit zu bekämpfen, haben die Vereinten Nationen siebzehn Nachhaltigkeitsziele (SDGs) definiert.[2] Unterschieden wird grob zwischen ökologischer, sozialer und ökonomischer Nachhaltigkeit, wobei der Kultur eine wichtige Rolle zukommt.[3] Sie ist sichtbar, sie fördert Reflexion, sie gibt Raum für Kreativität und Visionen.

In der Durchführung der Ausstellung Grüne Moderne. Die neue Sicht auf Pflanzen liegt der Fokus auf Klimaschutz. »Eco-curating« war von Anfang an Vorsatz. Wir nutzen die Vorbereitungs- und Laufzeit der Ausstellung als Experimentierfeld, um Erfahrungen für die Arbeit am Museum Ludwig zu sammeln und zu teilen, auch über das Ausstellungsende hinaus.[4] Denn dies ist nur ein kurzer Zwischenstand, der morgen hoffentlich schon überholt sein wird. Darum wollen wir verschiedene Maßnahmen offenlegen und wissen zugleich, wie viel mehr noch getan werden kann und muss. Wir sind noch längst nicht am Ziel, und wir sind nicht perfekt. Aber Transparenz hilft uns intern, miteinander zu lernen und Vertrauen zu bilden. Nach außen hoffen wir, noch mehr ins Gespräch mit anderen zu kommen, die »learning community«[5] zu erweitern und uns gegenseitig noch mehr zu befähigen, eine sozial-ökologische Transformation zu gestalten. Denn nicht nur soll unser CO2-Fußabdruck kleiner werden. Unser »Handabdruck«[6] – die Summe unserer Handlungen, die sich positiv auf das Klima auswirken – darf auch größer werden.

Der Übersichtlichkeit halber wollen wir in diesem Stichpunkt-Praxisbericht vier Handlungsfelder unterscheiden, nämlich Gebäude, Prozesse, Produkte und Programm.

Gebäude

  • Erhebung des Status quo
  • Umstieg auf 100 % Ökostrom aus Wasserkraft
  • Energiesparen durch LED-Beleuchtung (noch nicht abgeschlossen)
  • Begrünung der Dachterrasse, um die Biodiversität in der Stadt zu erhöhen (noch nicht abgeschlossen)
  • Vorbereitung weiterer Maßnahmen durch das Team Nachhaltigkeit in Abstimmung mit städtischen Ämtern

Prozesse

  • Weiterverwendung von Materialien (Fassadenbanner, Ausstellungswände, Tische, Vorhänge, Papier etc.) zur Ressourcenschonung und Müllreduzierung
  • Fokus auf die Sammlung des Museum Ludwig und Verzicht auf CO2 freisetzende Kunsttransporte
  • Handgeschriebene Wandtexte statt Folienschriften
  • Von jeder verkauften Eintrittskarte für die Ausstellung fließt 1 Euro in Naturschutzprojekte

Produkte

  • Einladungskarten aus einpflanzbarem Samenpapier, aus dem Blumen wachsen können
  • Ausstellungskatalog digital, gratis und klimaneutral gehostet unter www.gruene-moderne.de
  • Handgefertigte Vasen von Künstler*innen des Kölner Kunsthaus KAT18 als Sonderedition zur Ausstellung

Programm

  • Nachdenken über das Verhältnis Mensch-Pflanze durch Ausstellungsthema, Kooperationen und Vorträge
  • Empowerment durch Klima-Workshops für Besucher*innen und Weiterbildung von Guides des städtischen Museumsdienstes zu Klima und Artensterben
  • Verlängerung des Lebenszyklus von Materialien durch die Abschlussveranstaltung »Recycle the Exhibit«
  • Erweitertes vegetarisches Angebot in der Museumsgastronomie


  1. Für ausführlichere Informationen zur Nachhaltigkeit am Museum Ludwig siehe unseren Nachhaltigkeitsbericht (Stand 2020):  https://datenbank2.deutscher-nachhaltigkeitskodex.de/Profile/CompanyProfile/14231/de/2020/dnk. Alle zwei Jahre möchten wir das Werkzeug des Nachhaltigkeitsberichts nutzen, um unseren Weg zu reflektieren und den Fokus ggf. nachzuschärfen.
  2. https://sdgs.un.org.
  3. Formuliert etwa im »Tutzinger Manifest« (2001), siehe https://kupoge.de/ifk/tutzinger-manifest/pdf/tuma-d.pdf.
  4. Änderungen im Umweltverhalten lassen sich in fünf Phasen unterscheiden, die in der Praxis jedoch nicht immer stringent aufeinander folgen: Sorglosigkeit, Intentionsbildung, Handlungsvorbereitung, Handlungsausführung und Aufrechterhaltung. Siehe Marcel Munecke, Psychologie der Nachhaltigkeit. Vom Nachhaltigkeitsmarketing zur sozial-ökologischen Transformation, München: oekom 2022, S. 37–47.
  5. Dietmar Sternad, James J. Kennelly und Finbarr Bradley, Digging Deeper. How Purpose-Driven Enterprises Create Real Value, New York: Greenleaf Publishing 2016, S. 152–186.
  6. Gregory Norris prägte den Begriff, siehe https://extension.harvard.edu/blog/introducing-handprints-a-net-positive-approach-to-sustainability/.